Nelson Mandela ist tot! Die Nachricht verbreitetet sich innerhalb weniger Stunden um den kompletten Erdball. Das Echo ist immens, in den sozialen Netzwerken und in den Zeitungen ist der Tod des Freiheitskämpfers das alles überschattende Thema.
So richtig überrascht hat die Südafrikaner die Nachricht vom Tode Madibas, wie sein Clanname lautet, nicht. Den meisten war klar, dass er sich von seiner schweren Lungenentzündung nicht mehr erholen würde, nachdem er im Juni bereits beatmet werden musste. Es gab sogar Gerüchte, dass der Freiheitskämpfer schon im Sommer ein totales Organversagen erlitten hätte und Mandela für hirntot erklärt worden war. Weiter heißt es, aus offiziellen Dokumenten sei hervorgegangen, dass sich der 95-Jährige in einem permanenten vegetativen Zustand befinde und die Ärzteschaft seiner Familie nahegelegt habe, die lebenserhaltenden Maschinen abzuschalten.
Gerüchte und Spekulationen um Mandelas Tod
Gestern wurde schließlich die Nachricht übermittelt, Madiba sei um 20:50 Uhr friedlich eingeschlafen. Ob er diesen – seinen letzten – Weg selber beschritten hat oder die Maschinen schließlich abgestellt wurden, geht aus den Medienberichten nicht hervor. Das ist jedoch auch nicht verwunderlich, hieß es doch im September, Nelson Mandela befinde sich auf dem Weg der Besserung. Seitdem gab es keine Nachrichten mehr über seinen Gesundheitszustand. Niemand hat ihn mehr gesehen. Immer hieß es nur, er sei kritisch, aber stabil. Unter diversen Artikeln auf südafrikanischen Newsportalen quillten die Kommentare skeptischer Bürger über, die vermuteten, Mandela werde von dem ANC nur für die Wahlen künstlich am Leben gehalten. Auch wurden andere Gründe für das Verschleiern seines wahren Zustandes genannt, die im oben verlinkten Artikel nachgelesen werden können und hier nicht weiter breitgetreten werden sollen. Mandela ist tot und daran werden auch diese Spekulationen nichts mehr ändern.
Viel mehr möchte ich hier einmal meine persönlichen Empfindungen darlegen, wie die südafrikanische Bevölkerung auf die Nachricht vom Tode ihres Nationalhelden reagiert.
Anders als erwartet ist es erstaunlich ruhig da draußen. Zumindest in der Kapstädter Innenstadt merkt man bisher nicht unbedingt, dass heute Nacht die wichtigste Figur der südafrikanischen Geschichte verstorben ist. Mir ist aufgefallen, dass auf den Straßen nicht solch ein Gewusel wie sonst herrscht, die Leute wirken in sich gekehrt, nachdenklich und ruhig. Im Büro dagegen herrscht Professionalität wie immer. Zwar wurde kurz über die tragische Nachricht gesprochen, doch alles in allem unterscheidet sich der Arbeitstag nicht von dem gestrigen.
10 Tage Staatstrauer
In Johannesburg versammelten sich laut Medienberichten hunderte Bürger vor Mandelas Haus, um dem Anti-Apartheids-Kämpfer zu gedenken. Dabei wurde eher gefeiert als getrauert. Tanzend, singend und fahnenschwenkend feierten sie das Leben und Erbe des Vaters der Nation. Andere legten Blumen nieder und entzündeten Kerzen. Präsident Zuma hat bis zum Tag der Beerdigung die Staatstrauer ausgerufen. In Johannesburg und Kapstadt wird es heute um 17 Uhr und in den kommenden Tagen große Gedenkfeiern geben. Die offizielle Zeremonie wird vermutlich in fünf Tagen im Soccer City Stadion in Soweto mit knapp 100.000 Gästen stattfinden und auf Großbildschirmen im ganzen Land übertragen. Hier hatte Madiba während der WM 2010 seinen letzten öffentlichen Auftritt. Nach der Zeremonie soll sein Leichnam für drei Tage in der Pretoria City Hall oder im Union Building aufgebahrt werden. Es werden hohe Gäste aus der ganzen Welt wie etwa US-Präsident Barrack Obama, Papst Franziskus, Queen Elizabeth II, der Dalai Lama und Bill Clinton erwartet. Die Beerdigung wird vermutlich im Kreise der Familie in dem kleinen Dörfchen Qunu stattfinden, wo Nelson Mandela aufwuchs und ein Familiengrab hat.
Die Nacht der langen Messer
Die von vielen Buren heraufbeschwörte „Nacht der Rache“ oder „Nacht der langen Messer“, in der sich der Hass auf die noch immer privilegierten weißen Südafrikaner entlädt, ist jedenfalls bisher ausgeblieben und wird dies meiner Meinung auch weiterhin tun. Zumal es der schwarzen Bevölkerungsmehrheit auch nicht entgeht, dass es auch eine wachsende Anzahl an sehr privilegierten Schwarzen gibt. Ich bin froh, dass der Großteil der Südafrikaner nicht auf die Propaganda eines Julius Malema hereinfällt, der allein den Weißen die Schuld an allem Übel gibt.
20 Jahre nach dem Ende des Unrechtsregimes der Apartheid sind viele der aktuellen Probleme ein hausgemachtes Problem des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC), jener Partei, der auch Nelson Mandela angehörte und die ihn nach der friedlichen Machtübernahme zum ersten schwarzen Präsidenten Südafrikas machte und seitdem in Südafrika herrscht. Traurigerweise haben einige Politiker des ANC mit den Werten und Idealen eines Mandela wie Freiheit, Gleichheit und Versöhnung nicht mehr viel gemeinsam. Sie schwingen die Rassen- und Apartheidskeule, um von ihrem eigenen Versagen, ihrer Korruption und ihrer Misswirtschaft abzulenken. Zudem gibt es Kräfte innerhalb des ANC, die die so hart erkämpfte Freiheit der Südafrikaner bedrohen, in dem Gesetze wie etwa die Einschränkung der Pressefreiheit eingebracht werden. Damit treten sie die fortschrittliche demokratische Verfassung, die den Fortbestand der Werte und Ideale Mandelas garantieren soll, mit Füßen. Sie gefährden sein politisches Erbe.
Hamba Kahle Madiba!